Waisenhauschronik

Die Geschichte des Waisenhauses in Freiburg Günterstal

Die Waisenhauschronik mit 70 Porträts von Menschen, die ihre Kinder- und Jugendjahre im Waisenhaus in Freiburg-Günterstal verbrachten erschien 2014 und war Teil einer zweibändigen Dokumentation mit Heimschicksalen im Zeitraum zwischen 1939 und 1985.

Die Waisenhauschronik stellte das Arbeitsergebnis einer fast dreijährigen Aufarbeitung mit der Geschichte dieses Hauses dar. Angestoßen worden war dieses Projekt 2011 durch den damaligen Stiftungsdirektor Lothar A. Böhler, umgesetzt wurde es vom Leiter der Kinder- und Jugendhilfe der Waisenhausstiftung Helmut Roemer in enger Zusammenarbeit mit dem Historiker und Kulturwissenschaftler Dr. Dirk Schindelbeck.

Die 600 seitige Dokumentation gilt inzwischen als bundesweit musterhaftes Beispiel einer erfolgreichen Aufarbeitung des schwierigen Themas Heimerziehung. Die Hälfte der Zeitzeugen fand sogar den Mut, mit ihren Klarnamen in der Dokumentation aufzutreten.
Für die meisten der Ehemaligen bedeutete das Erscheinen der Dokumentation einen Einschnitt in ihrem Leben. Empfanden sich viele von ihnen zuvor eher am Rande der Gesellschaft, fanden sie nun den Mut, aus ihrer Vereinzelung heraus zu treten. Weil sie sich durch die Aufmerksamkeit und das Interesse, die ihnen durch die Interviews und die daraus entstandenen Porträts zuteilwurden, wertgeschätzt fühlten. Dadurch haben viele von ihnen gelernt, zu ihrer Lebensgeschichte zu stehen, was ihnen zuvor nicht möglich war, da sie häufig dazu neigten, ihr Schicksal als persönliches Ver-sagen zu empfinden und darüber oft nicht einmal mit den ihnen am nächsten stehenden Menschen zu sprechen wagten.

Der veröffentlichten Dokumentation folgten diverse Vorträge, ebenso eine Wanderausstellung des Landesarchivs Baden-Württemberg. Die Resonanz in Presse, Rundfunk, Fernsehen und im Internet war groß.
Wichtiger als der Nachhall in den Medien sind aber die Auswirkungen, die es für die Mitarbeiter_ innen der Waisenhausstiftung bis heute hat. Für sie sind die bedrückenden Erlebnisse der ehemaligen Waisenhauskinder Motivation und Impuls, täglich ein Maximum an pädagogischer Achtsamkeit gegenüber den ihnen anvertrauten Jugendlichen walten zu lassen. Die professionelle, auf Vertrauen und Verlässlichkeit gegründete, Beziehungsarbeit mit den Kindern und Jugendlichen mitsamt deren Teilhabe und Mitwirkung im Alltag werden in allen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe von den Mitarbeiter_innen gelebt. Diese pädagogischen Ansätze wurden auch in den Leitlinien und Schutzkonzepten der Kinder- und Jugendhilfe festgeschrieben.

Das  Aufarbeitungsprojekt hat eine  starke Dynamik ausgelöst und immer wieder neue Impulse freisetzt,  insbesondere die Ehemaligen-Treffen, die seit 2015 in den Räumen der Stiftungsverwaltung stattfinden und längst zu einem festen Bestandteil im Jahreskalender der Waisenhausstiftung geworden sind. Darüber hinaus wird derzeit in Zusammenarbeit mit der Laienspielgruppe „die methusalems“ des Theaters Freiburg und einigen der Betroffenen auf der Grundlage der Dokumentation das Bühnenstück „Die Ehemaligen“ erarbeitet. Es wird das Thema auf eine ganz andere Ebene heben und hat 2023 Premiere.

Die Beschäftigung der Waisenhausstiftung mit ihrer Vergangenheit endet keineswegs mit den bereits vorliegenden Dokumentationen, denn noch immer erreicht die Kinder- und Jugendhilfe Anfragen von Ehemaligen, die wissen möchten, wann, wie lange und aus welchen Gründen sie im Waisenhaus Günterstal gewesen sind. Insofern ist diese Wieder-Veröffentlichung nur einer von vielen Bausteinen im übergreifenden Projekt einer wertschätzenden Pädagogik, die die Fehler und Versäumnisse der Vergangenheit nicht mehr aus den Augen verlieren will, um selbst immer wieder daraus zu lernen.

 

 


 

Kontakt

 

Waisenhausstiftung

Adelhauser Straße 33
79098 Freiburg

Helmut Roemer

Tel. 0761 / 2108-210
roemer.h(at)sv-fr.de